Städtebaulicher Wettbewerb zur Neuordnung des Zentralcampus der Eberhard Karls Universität Tübingen, 2008. In Zusammenarbeit mit rheinflügel Severin
Mit der Weiterentwicklung des Gebietes des Zentralcampus der Eberhard Karls Universität zu einem Standort mit internationaler Bedeutung in der Wissenslandschaft, den Bedeutungen einer Eliteuniversität entsprechend, wandelt sich ein zentraler Teil der Universität Tübingen.
Entstehen wird ein Stück Stadt zum Austausch der Wissenschaften, zum Forschen und zum Lehren– geprägt durch angemessene städtische Dichte, einer ausgeprägten räumlichen Wirkung und einer hohen Wertigkeit und Repräsentativität der öffentlichen Freiräume.
Die entstehende städtebauliche Struktur wird einerseits durch ein prägnantes Gerüst des öffentlichen Raumes der die Verbindung des Campus zum landschaftlich geprägten Ammerraum eingeht und bestehende Vegetationsstrukturen berücksichtigt bestimmt, so wie durch die prägenden Bauwerken der Universität, den angrenzenden Baustrukturen der unteren Wilhelmstraße und der Wohnbebauung mit ihrer klaren Definition einzelner blockähnlicher Baumassen und Zuordnung von öffentlichen und privaten Räumen.
Somit verzahnt sich die Stadt mit der Hochschule – Die städtisch geprägten Baustrukturen mit den landschaftlich geprägten Freiräumen: Ein städtischer und ein grüner Campus entsteht.
Der öffentliche Freiraum ist das Grundgerüst und Rückrad des Ammer-Campus. Die Festlegung der Qualitäten des öffentlichen Raumes, sowohl das übergeordnete grüne Rückgrad des Quartiers an der Ammer, als auch die verbindenden, adresswirksam ausgeprägten Plätze zur Wilhelmstraße, sind für die gesamte Campusentwicklung von entscheidender Bedeutung
Geprägt wird dieses Freiraumgerüst durch das Landschaftliche Element, welches im Nord-Südverlauf als Ammerraum zur fußläufigen Erschließung ausgebildet ist. Dieser Raum ist als landschaftliche Modellierung Teil des öffentlichen Freiraums – ein Park, der einerseits die bestehende Grünverbindung vom südlich angrenzenden botanischen Garten, durch den neuen Campus in die im Norden angrenzende Landschaft hineinführt und andererseits den strukturellen Rücken des neuen Quartiers bildet indem der Park Spangenartig den Campus zusammenfasst. Vorne die Stadt und hinten der Park – Tucholsky hätte seine wahre Freude gehabt.
Die neue Bebauung des Ammer Campus „schiebt“ sich in den Park. Die weichen und harten Räume zwischen den Gebäuden sind einerseits räumlich Teil des Parks und öffnen sich zu diesem, andererseits bilden sie die Übergänge zur Wilhelmstraße und darüber hinaus. Sie bilden die öffentlichen und halböffentlichen Räume für die Nutzer, vergleichbar mit denen eines klassischen städtischen Blocks. So ergibt sich eine horizontale Verschiebung der konventionellen Schichtung, der „Blockinnenraum“ wird Teil der Landschaft – wird ein „innerer Außenraum.“
Der Ammer Raum - Ein grüner Campus:
Neben den Anforderungen für das alltägliche Leben, Lernen und Arbeiten, ist die Hochschule immer auch ein Ort von überregionaler kultureller Bedeutung. Hörsäle und Theaterbühnen, Bibliotheken und Verwaltungseinrichtungen bedienen nicht nur den Campus selbst. Sie sind im städtischen Gewebe dauerhafte und stabile Fixpunkte kultureller Produktion und gesellschaftlicher Ereignisse.
Die Strahlkraft dieser einmaligen Ansammlung öffentlichen Einrichtungen, ist in Zeiten zunehmender marktwirtschaftlicher Orientierung der Universitäten wichtiger denn je. Sie sind nicht mehr als salbverständliche Begleiterscheinung zu begreifen, sondern als besondere Leistung, mit der sich die Hochschule in der Öffentlichkeit ein Gesicht geben kann.
Diesen zweifachen Anspruch – öffentliche Einrichtung des kulturellen Lebens und Identitätsstiftender Faktor der Hochschule – erfüllt der Grüne Campus auf effektive und nachhaltige Art und Weise. Er beherbergt repräsentative öffentliche und Universitätsnahe Gebäude in der weitläufigen Anlage des Parks und an den Plätzen zur Wilhelmstraße hin. Während der Stadtcampus die veränderlichen Aufgaben des Universitätsalltages trägt, werden die räumlichen und wirtschaftlichen Ressourcen für kulturelle, gesellschaftliche und repräsentative Funktionen am Grünen Campus konzentriert.
Die Bebauung:
Die angestrebten Baustrukturen bilden klare Kanten zum öffentlichen Raum der Plätze und lassen diese als qualitätvolle städtische Räume erfahrbar werden. Die Baufelder sind so dimensioniert das eine vielfältige Bebauung im offenen Block möglich ist und ein vitaler Nutzungsmix und eine große Nutzervielfalt aufgenommen werden kann. Sie sind flexibel, in zeitlichen Stufen zu entwickeln und können je unterschiedlich ausgeformt werden – architektonisch wie auch in der Gestaltung der Innenbereiche.
Der Teil der Universität zwischen Wilhelm- und Naukler Straße ist nicht nur räumlich und strukturell eine verzahnende Ergänzung der bestehenden Stadt, sondern wird sich auch funktional angliedern: Hier ist die vielfältige Funktionen vorgesehen, die eine moderne Universität anzubieten hat. Je nach Bedarf und Nutzen können in diesem Bereich und langfristig auch in den benachbarten Quartieren Stadt und Hochschule verschmelzen. Um die dafür erforderliche Flexibilität und Aktivität zu gewährleisten, sind für den Stadtcampus vor allem die permanenten Funktionen der Institute, studentisches Wohnen, Einzelhandel, sowie hochschulnahe Einrichtungen vorbehalten. Dadurch wird gewährleistet, dass Leben und Arbeiten in dem neuen Stück Stadt nicht vom Semesterrhythmus abhängig ist.
Diese Variationsoffenheit erzeugt die planerische Sicherheit für eine zielgerichtete als auch marktorientierte Entwicklung des Ammer Campus.
Das Universitätsleben wird zwischen den zwei Seiten pendeln. Alltag und Ausnahme, Arbeit und Erholung, Normalität und Repräsentation, städtische Aktivität und saisonaler Rhythmus. In diesem Spannungsfeld wird die Universität ein abwechslungsreicher, lebenswerter Ort, der jedem die Freiheit einräumt, seine Orte, seine Angebote, seinen Alltag zu finden.